Über und Unter-Schwellen-Training: Wie du deinem Körper beibringst, Laktat als Energiequelle zu nutzen


Einer der wichtigsten Faktoren im strukturierten Ausdauertraining ist die gezielte Verbesserung des Energiestoffwechsels – besonders bei langen Belastungen wie im Lauftraining. Als Trainer betone ich immer wieder: Jede Trainingseinheit braucht ein klares physiologisches Ziel. Und eines der wirkungsvollsten aber oft missverstandenen Ziele ist das Training im Bereich der Laktatschwelle.

Was ist die Laktatschwelle und warum ist sie so entscheidend?


Die Laktatschwelle markiert den Punkt, an dem der Körper vom aeroben (effizienten) Stoffwechsel zunehmend in den anaeroben Bereich wechselt – ein Bereich, in dem mehr Laktat produziert wird und die muskuläre Ermüdung schneller einsetzt.

Je höher deine Laktatschwelle liegt, desto schneller kannst du laufen, ohne „einzugehen“. Deshalb ist das gezielte Training in diesem Bereich entscheidend für jede/n, der oder die das Lauftempo langfristig verbessern möchte.


Laktat: vom Abfallprodukt zur Energiequelle


Lange galt Laktat als „Abfall“ des Energiestoffwechsels. Heute wissen wir: Laktat ist ein wertvoller Treibstoff, den die Muskulatur wiederverwenden kann – wenn sie entsprechend trainiert wird.

Dafür braucht es allerdings strukturierte und präzise gesteuerte Trainingseinheiten.

Wie trainiert man die Laktatschwelle effektiv?


Das Prinzip ist einfach: Wir erzeugen gezielt Laktat durch kurze Belastungen knapp über der Schwelle (über-schwellig) und nutzen danach längere Abschnitte knapp darunter (unter-schwellig), um dem Körper beizubringen, dieses Laktat wieder als Energie zu verwerten.

Beispiel für eine gemischte Schwellen-Einheit

Gesamter Trainingsumfang: 6–8 km spezifisches Training (ohne Ein- und Auslaufen)

Struktur:

• 4×500 m im über-schwellen-Bereich (z. B. 3:35/km)

• 3 Min aktive Pause (lockeres Gehen oder Traben)

• 4 km im unter-schwellen-Bereich (z. B. 4:05/km)

Geschätztes Schwellentempo: ca. 4:00/km

Diese Einheit erzeugt zunächst gezielt Laktat und trainiert anschließend dessen Verwertung über eine längere, kontrollierte Belastung.

Warum ist dieses Training so effektiv?


Weil es genau in dem Bereich ansetzt, wo die größten metabolischen Anpassungen stattfinden:

• Deine Muskeln lernen, Laktat zu tolerieren und zu verbrennen.

• Du erhöhst die Fähigkeit, hohe Tempi länger zu halten.

• Dein gesamter Energiestoffwechsel wird effizienter sowohl im Umgang mit Sauerstoff als auch mit Brennstoffen wie Fett, Glykogen und Laktat.

Ein reales Beispiel: Laktatkurve im Stufentest


Eine typische Laktatkurve zeigt:

X-Achse: Herzfrequenz (z. B. von 120 bis 170 bpm)

Y-Achse: Laktatkonzentration im Blut (mmol/L)

• Der Laktatwert steigt mit zunehmender Belastung an, bis er plötzlich steil ansteigt.


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Wichtige Schwellen:

Aerobe Schwelle (~135 bpm): Energiegewinnung hauptsächlich aus Fett und Sauerstoff, stabiler Laktatwert.

Anaerobe Schwelle (~155 bpm): Laktatproduktion nimmt deutlich zu, die Ermüdung folgt rasch.

Die Trainingszone dazwischen ist der Schlüssel


Zwischen diesen beiden Schwellen befindet sich der Bereich mit dem größten Trainingspotenzial. Genau dort entstehen die besten Anpassungen vor allem, wenn man über- und unter-schwellig kombiniert trainiert.

Worauf es ankommt

Exaktheit im Tempo: „Schnell laufen“ reicht nicht das Tempo muss präzise auf die individuellen Schwellen abgestimmt sein.

Langfristigkeit: Die Anpassungen brauchen Zeit. Es ist kein „Wundertraining“, sondern ein durchdachter Prozess.

Aktive Erholung: Zwischen den Belastungen unterstützt sie die Laktatverwertung und verbessert die aerobe Kapazität.

Diese Art von Training macht den Unterschied – nicht nur, weil du schneller wirst, sondern weil du effizienter, kontrollierter und mit weniger Verschleiß läufst. Genau das ist mein Ziel als Trainer: das Maximum aus deinem Potenzial herauszuholen, ohne unnötige Umwege.