Trainieren mit Köpfchen: Präzision und Ordnung als Grundlage für Leistung
Wenn wir über Training sprechen, tappen wir schnell in die Falle des „Mehr ist besser“: mehr Kilometer, mehr Intensität, härtere Einheiten. Aber was ich als Athlet und Trainer gelernt habe, ist, dass echter, nachhaltiger Fortschritt nicht auf Magie basiert, sondern auf zwei simplen aber oft unterschätzten Prinzipien: Präzision und Ordnung.
Training ist keine Anhäufung sondern Anpassung
Training bedeutet nicht, sich jeden Tag völlig auszupowern. Ziel ist es nicht, einfach nur müde zu werden, sondern eine gezielte Anpassungsreaktion im Körper auszulösen. Und wenn ich vom Körper spreche, meine ich das ganze System: Herz-Kreislauf, Nervensystem, Muskulatur, Stoffwechsel und Durchblutung alles ist miteinander verbunden.
Diese Anpassung geschieht nur, wenn der Reiz zur richtigen Zeit, mit der richtigen Intensität und im richtigen Umfang gesetzt wird. Was in einer Phase funktioniert, kann in einer anderen kontraproduktiv sein. Und genau das sehe ich täglich bei meinen Athleten. Es geht nicht darum, härter zu trainieren sondern sinnvoller.
Ich arbeite mit monatlichen Trainingsplänen, aber diese sind keinesfalls starr. Im Gegenteil: Ich lasse immer Raum für wöchentliche Anpassungen. Der Körper verändert sich ständig, und eine gute Planung muss sich an diese Realität anpassen. Es geht nicht um feste Rezepte, sondern um einen dynamischen Prozess.
Die Reihenfolge verändert das Ergebnis
Ein häufiger Fehler besteht darin zu denken, dass es egal ist, in welcher Reihenfolge man seine Einheiten absolviert. Wer vier Trainings pro Woche geplant hat, glaubt oft, er könne sie beliebig austauschen. Doch genau das ist nicht der Fall. Die Reihenfolge ist entscheidend.
Jede Trainingseinheit beeinflusst, wie der Körper sich erholt, welche Systeme stimuliert werden und wie sich die Anpassung vollzieht. Falsch gesetzte Einheiten können sich gegenseitig behindern oder die Regeneration stören. Die richtige Abfolge im Wochenplan ist deshalb kein Zufall, sondern Strategie.
In meinen Plänen baue ich jede Woche wie ein Puzzle auf jede Einheit hat ihren Platz und ihren Zweck. Es geht nicht darum, einfach nur zu ermüden, sondern den Körper gezielt in Richtung Fortschritt zu steuern.
Präzision: die große Vergessene
Jede Trainingseinheit sollte ein klares Ziel haben. Einfach „laufen gehen, weil es im Plan steht“, reicht nicht. Ich frage: Was wollen wir mit dieser Einheit erreichen? Verbesserung der Grundlagenausdauer? Arbeit in der Nähe der anaeroben Schwelle? Aktive Regeneration? Vorbereitung auf höhere Belastungen?
Fehlt diese Zielsetzung, wird das Training beliebig und genau dann verliert man Fokus und Fortschritt.
Darum lege ich so großen Wert auf präzise Wochenplanung. Auch wenn der Plan über einen Monat angelegt ist, überprüfe ich wöchentlich die Reaktion des Körpers: Wie ist die Erholung? Wie ist der Schlaf? Wie fühlt sich der Athlet? Welche externen Faktoren spielen eine Rolle? All das fließt in meine Anpassungen ein. Ein guter Trainingsplan lebt er ist keine starre Vorlage.
Drei Grundbausteine für eine strukturierte Woche
Auch wenn jeder Athlet individuell ist, strukturiere ich viele Wochen rund um drei grundlegende Einheitstypen, die je nach Phase und Zielsetzung kombiniert werden:
1. Assimilationseinheiten
Ruhige, lockere Läufe zur aktiven Regeneration und zur besseren Verarbeitung vorangegangener Belastungen. Oft auch barfuß oder mit Technikfokus kombiniert.
2. Reiz- oder Schwellen-Einheiten
Anspruchsvollere Einheiten mit klarer physiologischer Zielsetzung zur Verbesserung der Belastungstoleranz, des Laktatabbaus oder der Laufökonomie.
3. Ausdauereinheiten / Long Runs
Lange Einheiten zur Entwicklung der aeroben Kapazität und der Effizienz. Sie sind essenziell für physische und mentale Stabilität, besonders kombiniert mit Höhenmetern oder wechselndem Terrain.
Entscheidend ist nicht nur, welche Einheiten gemacht werden sondern wann und in welcher Kombination innerhalb der Woche.
Und die Kraft?
All das funktioniert nur mit einer soliden Basis an neuromuskulärer Kraft. Ich habe es selbst erlebt und sehe es immer wieder bei meinen Athleten: Wenn der Fortschritt ausbleibt oder Beschwerden auftreten, liegt das Problem häufig darin, dass die Muskulatur die kardiovaskuläre Belastung nicht tragen kann.
Krafttraining ist kein Extra es ist ein Fundament. Ich integriere es in alle Pläne, abgestimmt auf das Niveau, die Jahreszeit und die individuellen Voraussetzungen. Vom Fuß über die tiefe Rumpfmuskulatur bis hin zur hinteren Kette Ziel ist es, den Körper leistungsfähiger, widerstandsfähiger und effizienter zu machen.
Fazit
Gutes Training bedeutet nicht, mehr zu machen oder härter. Es bedeutet, mit System zu trainieren, mit Liebe zum Detail und mit einem Plan, der sich an den realen Zustand des Körpers anpasst. Präzision und Ordnung klingen nicht spektakulär, aber genau sie machen den Unterschied: zwischen Fortschritt und Stagnation, zwischen Gesundheit und Überlastung.
Als Trainer ist das mein Ansatz: Ich erstelle keine Standardpläne, sondern begleite jeden Athleten mit einem klaren System, das sich flexibel anpasst. Denn echter Fortschritt entsteht nicht durch Zufall sondern durch kluge Struktur.